Karriere Lexikon – Tipps und Infos von A bis Z Dr. Inga Freienstein - Coaching und Karriereberatung

Erster Eindruck, Soziale Eindrucksbildung

Menschen fällt es in der Regel leicht, innerhalb weniger Sekunden eine Einschätzung über ihr Gegenüber abzugeben. Ein Grund dafür ist, dass das menschliche Gehirn von Natur aus zu Wahrnehmungsvereinfachungen und Stereotypisierungen neigt, was auch in gewissem Umfang lebensnotwendig ist, um angesichts einer sonst drohenden Reizüberflutung entscheidungsfähig zu bleiben. Die Bedeutung des sogenannten »ersten Eindrucks« für einen Gesprächsverlauf ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Allgemeinwissens und populäre Statements wie »You never get a second chance for the first impression« betonen das menschliche Schubladendenken, vermitteln aber auch den Eindruck, diesen Wahrnehmungsverzerrungen hilflos ausgeliefert zu sein, so als gäbe es keine zweite Chance. Aber natürlich sind Menschen grundsätzlich in der Lage, ihren ersten Eindruck zu revidieren und fortlaufend neue Informationen zu ergänzen. Der erste Eindruck wirkt dennoch prägend. Sensible Wahrnehmungsphasen gezielt zu nutzen ist daher ein wichtiger Aspekt gekonnter Gesprächsführung.

Wenn Sie erreichen wollen, dass Ihr Gegenüber, relevante Informationen über Sie bei der Entscheidungsbildung berücksichtigt, ist es sinnvoll, die sensiblen Phasen im Gesprächsverlauf, in denen der Einfluss von verbalen und nonverbalen Informationen besonders hoch ist, aktiv zu nutzen. Gut erforschte Wahrnehmungseffekte, die Sie im Vorstellungsgespräch berücksichtigen können, sind der Primacy- und Recency-Effekt (auch Anfangs- und End-Effekt genannt) sowie der Halo-Effekt.


Abb.1: Aktivitätsniveau eines typischen Bewerbers und Einfluss von Informationen im Vorstellungsgespräch als gegenläufige Prozesse

Abbildung 1 veranschaulicht durch die blaue Kurve das typische Aktivitätsniveau eines Bewerbers: nach einer Warming-up-Phase, ist das Bewerbungsgespräch im Mittelteil geprägt durch ein vertiefendes Frage-Antwort-Muster und flacht zum Ende des Gespräches ab, in dem meist der Gastgeber und Interviewer den Ausblick formuliert.

Betrachtet man dagegen den Einfluss von Informationen auf die Beurteilungssituation so zeigt sich ein gegenläufiges Phänomen. Die ersten Sekunden eines Bewerbungsgespräches, in denen klassischer Weise das »Warming up« stattfindet, also Ihnen etwas zu trinken angeboten wird, Sie gefragt werden, ob Sie gut her gefunden haben und Sie zum Plaudern angeregt werden, ist eine sensible Phase, in der der Einfluss von Informationen und nonverbalen Botschaften besonders hoch ist. 95 Prozent aller Bewerber nutzen diesen Primacy-Effekt nicht gezielt für die Selbstpräsentation und vergeben dabei eine Chance.

Empfehlenswert ist für die Einstiegsphase eine kurze ca. 2-5 minütige Selbstpräsentation, in der Sie nicht - wie die meisten Bewerber es tun - Ihren Werdegang chronologisch referieren, sondern Aufmerksamkeit bindende Highlights und aktuelle Themen in den Mittelpunkt stellen sollten, die direkten Bezug zur vakante Stelle haben.

Ähnlich zum Primacy-Effekt beschreibt auch der Halo-Effekt einen verbreiteten Wahrnehmungseffekt bei der Einschätzung von Menschen. Der Halo-Effekt besteht nach E. L. Thorndike aus einer »Überstrahlung« (von Halo, engl. Heiligenschein) eines einzelnen Merkmals über andere beobachtbare Merkmale. Die positive bzw. negative Einschätzung eines beobachtbaren Merkmals strahlt auf weitere Merkmale aus, die ebenfalls als positiver bzw. negativer eingeschätzt werden.

Was bewirkt nun dieser Halo-Effekt im Vorstellungsgespräch? Wenn Sie in den ersten Minuten einen positiven Eindruck erzeugt haben, tendiert der Gesprächspartner dazu, seinen Eindruck im weiteren Verlauf zu bestätigen. Positive Eigenschaften werden im günstigen Fall weiter verstärkt, negative eher als Ausnahme oder weniger bedeutsam bewertet. Im ungünstigen Fall sucht der Gesprächspartner nach einem missglückten Gesprächsstart gezielt nach Schwächen und Misserfolgen, was oft irrtümlicherweise auch als Stressinterview interpretiert wird.

Der Recency-Effekt oder End-Effekt bezeichnet die sensible Phase gegen Ende des Gesprächs, in der die Aufmerksamkeit und der Einfluss von Informationen noch einmal besonders hoch ist. Hier punkten Bewerber, wenn sie auch zum Abschluss des Gespräches den Verlauf weiterhin mitgestalten und den Ausblick positiv gestalten.

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